Presse: Hessenbrückenmühle
Gießener Anzeiger
Heiner Schultz
LAUBACH - Mit einem Feuerwerk startete die 17. Ausgabe der Reihe "Musik und Sprache" auf der Hessenbrückenmühle. Das "Trio Agora" spielte Werke von Rachmaninov, Mendelssohn, Beethoven und anderen. Die hochbegabten und top disponierten jungen Musiker nahmen den Zuhörern erst den Atem und ließen sie dann verzaubert zurück.
Klarinettist Žilvinas Brazauskas (*1991) aus Litauen, die amerikanische Cellistin Natania Hoffman (*1992) und der litauische Pianist Robertas Lozinskis (*1991) lernten sich an der Berliner Hochschule für Musik Hanns Eisler kennen. Das 2016 gegründete Trio gewann schon 2018 den ersten Preis beim "Internationalen Anton Rubinstein Wettbewerb für Kammermusik" in Düsseldorf. Die Musiker besitzen Auftrittserfahrungen mit ersten Ensembles in aller Welt und setzen derzeit ihre Musikstudien fort.
Das Publikum im ausverkauften Pferdestall war gespannt, und Felix Mendelssohns (1809 bis 1847) Konzertstück Nr. 2 op. 114 in drei Sätzen erwies sich gleich als Glanzlicht. Mit großem Schwung, aber nuanciert, temperamentvoll und mit viel Energie wurde das musiziert. Auffällig waren die perfekte Geschlossenheit und eine souveräne Feinfühligkeit im ganz und gar transparenten Gesamtklang - ein Markenzeichen des Ensembles, wie sich zeigte. Schön abgestuft ging's im zweiten Teil ruhiger zur Sache, um dann im Dritten mit vollem Elan auf den Punkt zu kommen: Die strahlende Komposition wurde souverän realisiert; gleich großer Beifall.
Sergei Rachmaninovs (1873 bis 1943) "Trio élégiaque" Nr. 2" g-Moll wurde anfangs in tiefer Versunkenheit musiziert, um dann kraftvoll fortzufahren, mit zunächst feinen, dann kräftigen Wogen. Glänzende Melodiebögen der Klarinette, souveräne Expressivität beim Cello und eine überaus sensible, temperamentvolle Arbeit am Klavier: Wohin man hörte, es war beglückend. Dazu kam eine superbe Dynamikgestaltung in die leisen Parts hinein und ein toller Abschluss: Das Handwerk war durchweg makellos, man lauschte froh nur der Musik, nicht dem Prozess ihrer Entstehung.
Nächstes Glanzlicht: Joel Hoffmans (*1953) "Ei Jauga Jauga" in vier Sätzen. Hier waren energiereiche dissonante Passagen zu hören, die sehr plausibel musiziert wurden. Sie wechselten sich mit versöhnlicheren Elementen ab. Überraschend kamen vokale Elemente von Brazauskas hinzu, getragen von leuchtenden Celloflächen. Dabei mimte das Klavier dramatisch und machte düstere Wolken. Auch die nochmaligen dissonanten Passagen waren von Lebenslust geprägt. Im Vierten wurde die aparte Klangsprache weitergeführt, sanft und entfernt klezmerisch melancholisch - wieder eine souveräne Klanggestaltung.
Das "Fantasiestück" des Trios verband Elemente bekannter Titel wie den "Saints" oder "I got rhythm" zu einer schwungvollen Mischung; auch hier wieder Gesangsbeiträge und die typische sprühende Spielfeude - fetzig.
Ludwig van Beethovens (1770 bis 1827) Trio op. 11 "Gassenhauer" in drei Sätzen geriet ebenfalls zum Höhepunkt. Die geniale Komposition zeichnet den populären Duktus perfekt nach und zischte federleicht bis fliegend durch den Saal. Dann fließend, ein virtuoses, zartes Adagio, auch mit enormem Schwung und vollendeter Dynamik. Im Dritten schließlich volle Intensität und Klarheit, großartig abgestuft und ungemein persönlich musiziert.
Der Abschluss mit Johannes Brahms' (1833 bis 1897) Klarinettentrio a-Moll op. 114 in vier Sätzen geriet in jeder Hinsicht angemessen. Der Beifall der begeisterten Zuhörer wollte kaum enden, man erhielt eine Zugabe.